1. Definitionen
Artikel 1 - Für die Anwendung der vorliegenden Geschäftsordnung versteht
man unter:
Königlichem Erlaß: den Königlichen Erlaß vom 27. April 1997 zur
Einführung eines Ombudsdienstes für Pensionsangelegenheiten in Anwendung
von Artikel 15 Nr. 5 des Gesetzes vom 26. Juli 1996 zur Modernisierung
der sozialen Sicherheit und zur Sicherung der gesetzlichen
Pensionsregelungen, bestätigt durch das Gesetz vom 12. Dezember 1997 zur
Bestätigung der in Anwendung des Gesetzes vom 26. Juli 1996 zur
Erfüllung der Haushaltskriterien für die Teilnahme Belgiens an der
Europäischen Wirtschafts‑ und Währungsunion und des Gesetzes vom 26.
Juli 1996 zur Modernisierung der sozialen Sicherheit und zur Sicherung
der gesetzlichen Pensionsregelungen ergangenen Königlichen Erlasse;
Pensionsdienst: alle Einrichtungen im öffentlichen oder privatrechtlichen Bereich, die gesetzliche Pensionen verwalten, gewähren oder zahlen und deren Zuständigkeit sich über das ganze Staatsgebiet erstreckt;
Bevollmächtigtem: die Person, die eine Vollmacht erhalten hat;
Ombudsmännern: das Kollegium der Ombudsmänner für Pensionsangelegenheiten und ihre Mitarbeiter.
2. Grundprinzipien für die Behandlung der Beschwerden
Art. 2 - In der vorliegenden Ordnung werden die Regeln für die Behandlung
der bei den Ombudsmännern eingereichten Beschwerden festgelegt.
Art. 3 - Im Rahmen ihres Auftrags als Vermittler zwischen Bürger und
Verwaltung leiten die Ombudsmänner
Anträge, für die sie nicht zuständig sind, an den in dieser
Angelegenheit zuständigen Ombudsmann, wenn es einen solchen gibt, und
ansonsten an die zuständige Verwaltung weiter;
Pensionsangelegenheiten betreffende Fragen nach Information allgemeiner
oder spezifischer Art an den entsprechenden Pensionsdienst weiter;
Beschwerden, die unzulässig sind, weil sie nicht Gegenstand eines in
Artikel 10 der vorliegenden Ordnung vorgesehenen vorherigen Kontakts
gewesen sind oder weil sie von einer Person eingereicht worden sind, die
nicht als Interessehabender im Sinne von Artikel 4 der vorliegenden
Ordnung gilt, an den zuständigen Pensionsdienst weiter.
Art.4 - Jede Interessehabende natürliche Person oder jeder sie vertretnde Bevollmächtigte kann bei den Ombudsmännern eine Beschwerde einreichen.
Unter Interessehabendem ist die Person zu verstehen, die eine oder mehrere Pensionen aufgrund einer gesetzlichen Pensionsregelung bezieht, aufgrund einer dieser Regelungen einen Antrag auf Pension eingereicht hat oder einen Antrag auf Veranschlagung ihrer Pensionsanrechte beim Infodienst für Pensionen eingereicht hat.
Art. 5 - Wenn bei den Ombudsmännern eine Beschwerde eingereicht wird, überprüfen sie, ob Tätigkeit und Arbeitsweise der Pensionsdienste mit den Gesetzen und Verordnungen, den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Billigkeit übereinstimmen.
Art. 6 - Die Beschwerden werden in deutscher, französischer oder niederländischer Sprache eingereicht. Beherrscht der Beschwerdeführer oder sein Bevollmächtigter keine der drei Landessprachen, benutzen die Ombudsmänner gegebenenfalls mit der Hilfe eines Übersetzers eine andere Sprache.
Art. 7 - Die Beschwerden können auf verschiedene Weise bei den Ombudsmännern eingereicht werden:
1. schriftlich:
beim Ombudsdienst für Pensionsangelegenheiten, Boulevard Bolivar,
Briefkasten 5, in 1000 Brüssel;
per Fax über die Nummer 02/274.19.99;
mit elektronischer Post (E-mail) an die Adresse der Ombudsmänner für Pensionsangelegenheiten: klage@ombudsmannpensionen.be;
2. mündlich:
beim Sitz der Ombudsmänner für Pensionsangelegenheiten (siehe Adresse
oben unter Punkt 1);
nach telefonischer Vereinbarung über die Telefonnummer 02/274.19.80 (NL)
oder 02/274.19.90 (F).
Art. 8 - Eine schriftliche Beschwerde und jeder spätere spätere Briefwechsel muß vom Beschwerdeführer oder von seinem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Eine mündliche Beschwerde muß von den Ombudsmännern schriftlich festgehalten werden. Sie wird vom Beschwerdeführer oder von seinem Bevollmächtigten datiert und unterzeichnet, außer wenn der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, zu schreiben und kein Bevollmächtigter auftritt.
Art. 9 - In jeder Beschwerde werden deutlich vermerkt:
die Identität des Beschwerdeführers, das heißt sein Name und Vorname,
seine vollständige Adresse, sein Geburtsdatum und, wenn möglich, seine
Telefon- oder Faxnummer oder seine elektronische Adresse;
gegebenenfalls die Identität des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers;
der klar und deutlich formulierte Gegenstand der Beschwerde;
die vorausgegangenen Schritte, die der Beschwerdeführer bei dem
betreffenden Pensionsdienst unternommen hat, um Genugtuung zu erhalten;
die Schritte, die der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde bei
anderen Instanzen als dem betreffenden Pensionsdienst unternommen hat,
insbesondere die Einreichung gerichtlicher und verwaltungsrechtlicher
Beschwerden;
der chronologische Verlauf der Fakten.
Art. 10 - Die Ombudsmänner weigern sich, eine Beschwerde zu untersuchen,
wenn
diese offensichtlich nicht begründet ist;
der Beschwerdeführer offensichtlich keine Schritte bei dem betreffenden
Pensionsdienst unternommen hat, um Genugtuung zu erhalten;
die Beschwerde an sich mit einer von den Ombudsmännern bereits
zurückgewiesenen Beschwerde identisch ist und keine neuen Fakten umfaßt.
Unter «Schritten» ist jede vorherige zweckdienliche Kontaktaufnahme durch
den Interessehabenden zu verstehen.
Art. 11 - Die Ombudsmänner können sich weigern, eine Beschwerde zu untersuchen, wenn die Identität des Beschwerdeführers nicht bekannt ist. Die Ombudsmänner können sich ebenfalls weigern, eine Beschwerde zu untersuchen, wenn diese sich auf Fakten bezieht, die sich mehr als ein Jahr vor Einreichung der Beschwerde ereignet haben.
Art. 12 - Die Ombudsmänner setzen die Untersuchung einer Beschwerde aus, wenn ein dieselben Fakten betreffender Einspruch vor Gericht beziehungsweise Widerspruch vor einer Verwaltungsinstanz eingereicht worden ist.
Art. 13 - Der Beschwerdeführer hat ein Anrecht auf:
unentgeltliche Vermittlung durch die Ombudsmänner;
eine objektive, unparteiische und völlig unabhängige Untersuchung seiner
Beschwerde;
Information über die Zuständigkeit und Arbeitsweise der Ombudsmänner;
eine Empfangsbestätigung am Tag des Empfangs seiner Beschwerde;
Information über den Beschluß der Ombudsmänner, seine Beschwerde zu
untersuchen oder nicht, und das innerhalb von drei Werktagen nach diesem
Beschluß;
Begründung der eventuellen Weigerung der Ombudsmänner, seine Beschwerde
zu untersuchen;
eventuelle Weiterleitung seiner Beschwerde an die wahrscheinlich
zuständige Instanz und gleichzeitige Information über diese
Weiterleitung;
Information über den Stand seiner Akte in allen Stadien der Behandlung;
einen Beschluß über die Begründetheit seiner Beschwerde binnen einer von
der Komplexität der Akte abhängenden angemessenen Frist;
Information über die Weise, wie der Pensionsdienst den vom Ombudsdienst
formulierten Empfehlungen im Rahmen oder anläßlich seiner Beschwerde
Folge leistet;
Achtung vor seinem Privatleben.
Art. 14 - Der Beschwerdeführer muß:
alle von den Ombudsmännern beantragten zusätzlichen Informationen
mitteilen. Die Ombudsleute beenden die Untersuchung einer Beschwerde,
wenn der Beschwerdeführer nicht innerhalb von drei Wochen nach der
zweiten Erinnerung des Schreibens mit der Bitte um Auskunft diese
Auskunft erteilt. Die erste Erinnerung wird einen Monat nach dem
Schreiben mit der Bitte um Auskunft versendet. Die zweite Erinnerung mit
Angabe des zeitlichen Limits von drei Wochen, das am Tage des Versandes
dieses Schreibens beginnt, wird einen Monat nach dem ersten
Erinnerungsschreiben versendet.
davon absehen, persönlich oder über einen Bevollmächtigten Schritte zu
unternehmen, die parallel zur Vermittlung durch die Ombudsmänner
verlaufen. Werden solche Schritte unternommen, können die Ombudsmänner
der Behandlung der Akte ein Ende setzen.
3. Untersuchungsverfahren
Art. 15 - Das Verfahren zur Untersuchung einer Akte besteht aus drei
großen Stadien, die verschiedene Phasen umfassen können. Die Untersuchung
einer Akte setzt nicht unbedingt voraus, daß jede Phase durchlaufen werden
muß.
Während dieser drei großen Stadien ist die Akte:
im Vorbereitungsstadium zwecks Einholung zusätzlicher Informationen;
im Untersuchungsstadium;
im abschließenden Stadium.
STADIEN DER UNTERSUCHUNG EINER AKTE
A. Akte im Vorbereitungsstadium zwecks Einholung zusätzlicher Informationen
Art. 16 - Dabei handelt es sich um das Stadium der Vorbereitung einer
Akte, in dem die Ombudsmänner noch nicht mit der Behandlung begonnen
haben, die Akte jedoch noch immer vervollständigen, um:
ihre Zuständigkeit zu überprüfen;
die Zulässigkeit der Beschwerde zu überprüfen;
den Beschluß zu fassen, die Akte zu untersuchen;
gegebenenfalls den Beschluß zu fassen, die Untersuchung der Beschwerde
auszusetzen.
Art. 17 - Die Ombudsmänner überprüfen, ob der Gegenstand der Beschwerde
in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.
Art. 18 - Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer oder sein Bevollmächtigter nicht «Interessehabender» ist (siehe Artikel 4 der vorliegenden Ordnung) oder wenn die Ombudsmänner die Untersuchung der Beschwerde verweigern (siehe Artikel 10 und 11 der vorliegenden Ordnung).
Art. 19 - Wenn die Ombudsmänner am Ende dieses Stadiums und je nach Fall
feststellen, daß die Beschwerde nicht zu ihrer Zuständigkeit gehört oder
daß sie unzulässig ist, schließen sie die Akte ab und gehen zum dritten
Stadium über.
In den anderen Fällen gehen sie zum zweiten Stadium über, das heißt zur
Untersuchung der Akte.
Art. 20 - Umfaßt die Akte mehrere Beschwerden, wird jede dieser Beschwerden Gegenstand einer angemessenen Behandlung gemäß den vorliegenden Bestimmungen.
B. Akte im Untersuchungsstadium
Art. 21 - Dabei handelt es sich um das Stadium, in dem die Ombudsmänner
die für die Untersuchung der Akte notwendigen Informationen einholen,
indem sie sowohl beim Beschwerdeführer als auch bei der Verwaltung nähere
Auskünfte anfragen.
Sobald die Akte vollständig ist, beschließen die Ombudsmänner auf der
Grundlage der eingeholten Informationen, ob die Beschwerde begründet ist
oder nicht.
Wird die Beschwerde als unbegründet erachtet, schließen die Ombudsmänner
die Akte in einem dritten Stadium ab.
Art. 22 - Ist die Beschwerde begründet, nehmen die Ombudsmänner neue
Kontakte auf, um:
einen Vorschlag zu formulieren;
zu vermitteln;
eine offizielle Empfehlung zu formulieren.
Art. 23 - Die Formulierung eines Vorschlags bildet die Phase der
Aktenuntersuchung, in der die Ombudsmänner, ohne eine offizielle
Empfehlung im Sinne von Artikel 16 Absatz 3 des Königlichen Erlasses zu
formulieren, Kontakt mit dem Pensionsdienst aufnehmen und diesem
vorschlagen, seinen Beschluß oder seine Arbeitsweise abzuändern.
Wenn die Akte weder eine Grundsatzfrage aufwirft noch eine schwerwiegende
Dysfunktion seitens des Pensionsdienstes oder eines seiner Bediensteten
aufdeckt, erfolgt der Kontakt mit dem verantwortlichen Beamten des
zuständigen Dienstes.
Wenn die Akte jedoch eine Grundsatzfrage aufwirft oder eine
schwerwiegende Dysfunktion seitens des Pensionsdienstes oder eines seiner
Bediensteten aufdeckt, erfolgt der Kontakt mit dem leitenden Beamten.
Art. 24 - Die Vermittlung bildet die Phase der Aktenbehandlung, in der
die Ombudsmänner eine Vermittlung zwischen den Parteien vorschlagen und
gegebenenfalls zustande bringen. Die Vermittlung erfolgt auf doppelter
bilateraler Basis und auf nachstehende Weise.
Die Ombudsmänner legen dem Beschwerdeführer den Inhalt des
Vermittlungsvorschlags, den sie dem leitenden Beamten der Verwaltung
machen wollen, zur Billigung vor.
Ist der Beschwerdeführer mit diesem Vorschlag einverstanden, verpflichtet
er sich dazu, das Resultat der Vermittlung - wie immer es auch sein mag -
zu akzeptieren. Nach der Vermittlung wird seine Akte auf jeden Fall
abgeschlossen.
Die Ombudsmänner unterbreiten dem leitenden Beamten einen in der Form klar
abgegrenzten Vermittlungsvorschlag. Gegenstand der Vermittlung ist der vom
Beschwerdeführer gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels akzeptierte
Inhalt des Vorschlags.
Am Ende dieses Verfahrens halten die Ombudsmänner das Resultat der
Vermittlung schriftlich fest. Das Resultat ist nach seiner Unterzeichnung
für die Parteien bindend.
Art. 25 - Die offizielle Empfehlung ist die Phase der Aktenbehandlung, in
der die Ombudsmänner auf der Grundlage von Artikel 16 Absatz 3 des
Königlichen Erlasses den Pensionsdienst ausdrücklich dazu auffordern,
seinen Beschluß oder seine Arbeitsweise abzuändern.
In diesem Fall informieren sie den Minister, zu dessen
Zuständigkeitsbereich die Pensionen gehören, und den für die betreffende
Verwaltung verantwortlichen Minister.
C. Abschluß der Akte
Art. 26 - Dabei handelt es sich um das letzte Stadium der Behandlung der
Beschwerde, in dem die Ombudsmänner beschließen, daß:
die Beschwerde unzulässig ist;
die Beschwerde nicht unter ihre Zuständigkeit fällt;
die Untersuchung der Beschwerde ausgesetzt wird;
die Beschwerde unbegründet ist;
die Beschwerde begründet ist und die Untersuchung beendet wird.
Jeder dieser Beschlüsse wird ordnungsgemäß mit Gründen versehen und dem
Beschwerdeführer übermittelt.
4. Bewertung
Art. 27 - Beim Abschluß einer Akte bewerten die Ombudsmänner die
Tätigkeit oder die Arbeitsweise des Pensionsdienstes, gegen den die
Beschwerde eingereicht worden ist.
Sie kommen zu dem Schluß, daß eine ordnungsgemäße Verwaltung vorliegt,
wenn kein Element der angefochtenen Tätigkeit oder Arbeitsweise zu den
Gesetzen und Verordnungen, zu den Grundsätzen der ordnungsgemäßen
Verwaltung und zur Billigkeit im Widerspruch steht.
Sie kommen zu dem Schluß, daß eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung
vorliegt, wenn ein oder mehrere Elemente der angefochtenen Tätigkeit oder
Arbeitsweise zu den Gesetzen und Verordnungen, zu den Grundsätzen der
ordnungsgemäßen Verwaltung und zur Billigkeit im Widerspruch stehen.
Sie befinden nicht, wenn sie der Meinung sind, dazu nicht über genügend
Elemente zu verfügen, entweder wenn sie mit widersprüchlichen Elementen in
bezug auf die Fakten konfrontiert sind, über die sie nicht befinden
können, oder wenn ein oder mehrere Elemente darauf hinweisen, daß die
angefochtene Tätigkeit oder Arbeitsweise zwar zu den Gesetzen und
Verordnungen, zu den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und zur
Billigkeit im Widerspruch stehen, die festgestellte nicht ordnungsgemäße
Verwaltung zum Teil jedoch auf Elemente zurückzuführen ist, die dem
Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben sind.
5. Inkrafttreten
Art. 28 - Vorliegende Ordnung, die von den Ombudsmännern festgelegt und vom Minister, zu dessen Zuständigkeitsbereich die Pensionen gehören, gebilligt worden ist, tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.
Brüssel, den 27. november 2000
Die Ombudsmänner für Pensionsangelegenheiten Der Minister der
Sozialen Angelegenheiten und der Pensionen
J. M. HANNESSE und G. SCHUERMANS F.
VANDENBROUCKE